Es ist nur ein dünnes Buch – aber jeder Science-Fiction-Fan sollte es gelesen haben: Ich spreche von dem Kurzroman »Peking falten«, den die Autorin Hao Jingfang verfasst hat. 2016 wurde sie mit dem Hugo Award ausgezeichnet, was ich sehr respektabel finde. Dass ihre Novelle in einem Kleinverlag erscheinen ist, der wenig mit der herkömmlichen Science-Fiction-Produktion im deutschsprachigen Raum zu tun hat, wirft ein deutliches Licht auf »unsere« Szene – ich bin froh, dass der Elsinor-Verlag die gelungene Geschichte veröffentlichte.
Die Erzählung spielt in einer Zukunft, die nicht so weit von heute entfernt ist: In einigen Dutzend Jahren hat sich die Bevölkerung in Peking derart erhöht, dass man nicht mehr für alle Menschen genügend Arbeit und Wohnraum hat. Also hat man sich entschlossen, die Stadt zu dritteln: Sie faltet sich gewissermaßen, sie baut sich in regelmäßigen Abständen um. Und während sie sich umgruppiert, gehen die Menschen schlafen. Sie sind also nur wach, während ihr Drittel oben ist.
Das klingt jetzt seltsam, wird in der Erzählung aber sehr interessant und auch spannend dargestellt. (Die technischen Details verschweigt uns die Autorin, die sind aber auch nicht so wichtig, wenn es sich um eine Erzählung handelt, die sich auf gesellschaftliche Aspekte konzentriert.) Sie wird aus der Sicht eines Arbeiters geschildert, der aufgrund einer Botschaft aus dem völlig verdreckten und überfüllten dritten Sektor – in dem er hart malochen muss und nur acht Stunden am Stück wach sein kann – damit anfängt, die anderen Sektoren zu bereisen.
Er erreicht den zweiten Sektor, der ihm schon wie ein Paradies vorkommt, und den ersten Sektor, in dem Peking wie eine Parklandschaft wirkt. Überall trifft er auf andere Menschen und lernt die Lebensbedingungen kennen. In kurzen Sequenzen zeigt die Autorin die unterschiedlichen Verhältnisse dieser dreigeteilten Millionenmetropole. Damit bleibt sie, was das Innenleben ihrer Figur angeht, recht blass; der »Held« verhält sich eher emotionslos und gelassen, scheint sich über die himmelsschreienden Ungerechtigkeiten kaum zu ärgern.
Hao Jingfang ist in China eine Bestsellerautorin; ich habe aber keine Ahnung, wie ihre anderen Texte sind. »Peking falten« leuchtet vor allem durch die originelle Idee, nicht unbedingt durch die Dialoge oder den Charakter der Hauptfigur. Insofern erinnert diese Geschichte an die klassische Science Fiction, die ebenfalls vor allem ideengetrieben war.
Wer mag, kann die Geschichte als Dystopie betrachten – so machen es ja gerne Leute, die keine Lust auf Science Fiction haben –; man kann sie ebenso als Gedankenspielerei sehen. Ich halte »Peking falten« für sehr lesenswert: ein Text mit einigen Überraschungen, der sich leicht und flott lesen lässt. Und der ganz nebenbei einige aktuelle politische Themen in einer eleganten Weise behandelt …
Lohnt sich!
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Die Wikipedia erzählt ein wenig mehr über die Autorin Hao Jingfang:
AntwortenLöschenhttps://de.wikipedia.org/wiki/Hao_Jingfang
Richtig viele Informationen liefert der Verlag ja leider nicht auf seiner Internet-Seite – aber hier geht's direkt zum Buch:
https://www.elsinor.de/-/t053-gutzmer-rettungen/t112-hao-jingfang-peking/
Falls jemand das Buch bestellen möchte, empfehle ich aus rein egoistischen Motiven diese Internet-Seite hier:
https://perry-rhodan.net/shop/item/9783942788380/peking-falten-von-jingfang-hao-kartoniertes-buch