Ich muss gestehen, dass ich den englischen Kinderbuch-Klassiker »Der Wind in den Weiden« nicht kenne. Dieser stammt von Kenneth Grahame, hat schon ein wenig Staub angesetzt, zählt aber zu den absoluten Klassikern des Genres.
Dem Splitter-Verlag ist zu verdanken, dass die wunderbare Comic-Version des Werkes von Michel Plessix nun in einer gelungenen Hardcover-Gesamtausgabe im deutschsprachigen Handel bereit liegt. (Zuletzt war der Comic hierzulande bei Carlsen veröffentlicht worden.)
Wer sein Herz für das Staunen noch nicht verloren hat, wer noch in der Lage ist, sich in eine Tiergeschichte hineinzudenken, in der beispielsweise ein Maulwurf und ein Kröterich die Hauptrollen spielen – der sollte hier unbedingt einen Blick hineinwerfen. Ich war wirklich fassungslos, als ich die Geschichte las: so schön, so gelungen, so zauberhaft! Kein Wunder, dass das Werk bei seinem Erscheinen mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde.
Die Hauptfiguren sind Tiere – sie verhalten sich zwar ein wenig »tierisch«, sprechen aber miteinander, tragen Anzüge und Schuhe, haben richtige Häuser oder zumindest prachtvolle Höhlen und verkehren untereinander wie seriöse Menschen. Am Fluss pflegen sie ihre persönlichen Rivalitäten, besuchen sich gegenseitig, streiten sich mal oder halten wieder zusammen. Menschen gibt es auch, aber die sind in der Ferne und tauchen nur höchst selten auf.
Immer wieder für Aufsehen sorgt Kröterich, der als Baron einen großzügigen Landsitz sein eigen nennt und stets für Experimente offen ist. Gibt man ihm beispielsweise ein Fahrrad, nutzt er es garantiert dazu, eine halsbrecherische Tour nach der anderen zu unternehmen. Er lügt ständig, wenn er sich einen Vorteil davon verspricht – aber zu seinen Freunden ist er meist großherzig und freundlich, wenngleich immer ein wenig prahlerisch.
Die Geschichte an sich ist absolut gelungen: Es geht um Freundschaft zwischen Wesen, die sich eigentlich fremd und feindschaftlich gegenüberstehen sollten, um Solidarität und ein Miteinander. Streit und Konflikte gehören dazu, aber letztlich rauft man sich immer zusammen. Klar, es ist ein Kinderbuch, aber als Erwachsener wird man von der warmherzigen Stimmung angesteckt.
Richtig toll wird das Buch vor allem durch die Illustration. Michel Plessix zeichnet wirklich liebevoll, anders kann man es nicht bezeichnen. Seine Tiere, die er in akkurate Kleidung steckt, wirken fast lebensecht, die Umgebung des Flusses, die Landschaften und das Innere der Häuser ist voller Details. (Wer mir nicht glaubt, schaue sich bitte einfach die Leseprobe im Internet an.)
»Der Wind in den Weiden« ist ein Comic, den ich sicher ein zweites und ein drittes Mal lesen werde, einer von den Bänden, die man sich auch nach Jahren aus dem Regal fischt, um noch mal einen Blick auf einzelne Seiten zu werfen. Eine absolute Empfehlung – nicht nur für Fantasy-Fans!
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