Um es vorwegzunehmen: Ich kann mit dem sogenannten Deutschrock nichts anfangen, der im Gefolge von Bands wie den Böhsen Onkelz und Frei.Wild richtiggehend populär geworden ist. Für meine Ohren ist das Hardrock mit meist dämlichen Texten, die häufig eine rebellische Attitüde mit patriotischem Unterton verbinden. Wobei ich mich nicht gut auskenne, mein Urteil also ein echtes Vor-Urteil ist ...
Ich kann allerdings unterscheiden, glaube ich zumindest. Wenn sich jemand als Patriot bezeichnet und stolz auf »seinen« Bodensee ist oder auf »sein« Südtirol oder sonst was, ist mir das wesensfremd. Das unterscheidet den Deutschrocker nicht unbedingt vom Volksmusiker, was den Inhalt angeht – trennt ihn aber im Normalfall immer noch vom Nazi.
Deshalb finde ich so ein Buch wie das von Klaus Farin zusammengestellte »Deutschrock – 30 Fragen 55 Bands« richtiggehend wichtig. Befragt wurden haufenweise Bands, von denen ich noch nie gehört habe. Nur einige waren mir bislang ein Begriff, teilweise aber eher vor einem Oi!-Hintergrund. (Wiens No. 1 hielt ich etwa immer für eine Oi!-Band.)
Bei den Namen leuchtet bei manchem Menschen sicher die Alarmglocke auf: Wer sich Berserker nennt oder Endgegner, muss sich kritische Fragen anhören, finde ich. (Allerdings erinnere ich mich gut an Zeiten, in denen es Punk-Bands wie Stoßtrupp und Oberste Heeresleitung gab ...) Bei Killerton oder Vollblut kann alles mögliche dahinter stecken.
Einig sind sich die Bands darin, dass sie rockige Musik machen, meist von der lauten Art. Und dass ihre Texte zum größten Teil in der deutschen Sprache gesungen oder eben gebrüllt werden. Was hat diese Szene aber sonst so gemeinsam? (Von »unsereins« wird sie ja gern in die »Grauzone« gesteckt, was jegliches Nachfragen unnötig macht ...)
Die Bands beantworten Fragen zu ihrer inhaltlichen Ausrichtung, aber auch zu Politik. Was sei für sie Deutschrock, warum müsse man sich als Deutschrocker von der rechtsradikalen Szene abgrenzen, und wie sei das mit dem Patriotismus für sie?
Ich finde die Aussagen und Ansichten, die auf den 240 kleinformatigen und sehr eng gedruckten Seiten zusammengefasst worden sind, spannend und lesenswert. Am Stück lesen kann man das nicht, ich brauchte längere Zeit dafür. Nicht nur, weil mir die meisten Bands unbekannt waren, sondern auch deshalb, weil ich aus dem Kopfschütteln nicht herauskam.
Rechtsradikales verkündet keiner, zum Patriotismus haben viele ein positives Verhältnis, andere bezeichnen sich als links, einige als unpolitisch, viele versuchen sich gegen die Extremen abzugrenzen, und alle haben etwas gegen die Medien und ihre Lügen. Das ist nicht immer gerade schlau argumentiert, häufig aber nachvollziehbar. Gelegentlich wird kritisch nachgefragt, meist lässt Klaus Farin die Bands aber mit ihren »O-Tönen«, die er natürlich entsprechend gekürzt und zusammengefasst hat.
Ich werde sicher kein Fan dieser Musikrichtung werden und mir wohl auch nie einen Tonträger von Analgewitter, Unantastbar oder Verlorene Freiheit kaufen – aber dieses lesenswerte Buch gab meinen Einblick in eine Szene, von der ich so gut wie nichts weiß. Empfehlenswert!
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