»Es ist grausig bei der Bundeswehr«, klagte ich meinem Vater, als ich zum ersten Mal an einem Wochenende nach Hause kam. Ende Oktober 1984 hatte ich mich zwar schon ein wenig an den Alltag in der Kaserne gewöhnt, aber ich bereute schon, den Wehrdienst nicht verweigert zu haben. »Am meisten hasse ich es, strammstehen zu müssen oder im Gleichschritt zu marschieren. So ein Quatsch!«
Wir saßen im Keller an einem Tisch und sortierten Nägel und Schrauben, die sich im Verlauf der vergangenen Monate angesammelt hatten, in die richtigen Fächer. Mein Vater wollte mehr Ordnung in das System bringen, das er in der neuen Werkstatt aufgebaut hatte.
»Strammstehen mussten wir auch viel«, sagte er ruhig. »Aber wenn es ernst wird, hört so ein Firlefanz auf.« Er blieb stehen, sah ohne Ausdruck ins Leere.
Ich kannte diesen Blick mittlerweile. Er setzte ihn nur selten auf, vielleicht häufiger, wenn niemand dabei war. Er war irgendwo in den vierziger Jahren.
»Was meinst du damit?«
»Na ja, wenn die Russen stürmen oder wenn du stürmst, wird nicht mehr strammgestanden und gesiezt. Da haben sich alle geduzt, der einfache Soldat und der Hauptmann, der Gefreite und der Leutnant.«
»Aber sicher nicht der General.«
»Der kam auch nach vorne in den Graben, wenn's ernst war. Dann hat er Zigaretten verteilt. Das war ein lockerer Typ, ein ganz junger, keiner von den scharfen Hunden. Und er blieb bis zum Ende bei der Division.«
Danach war das Thema beendet. Es war das einzige Mal, dass er über einen der Generäle sprach. Und auch das einzige Mal, dass er einen der »hohen Offiziere« mit positiven Worten bedachte.
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