Es gibt Dinge, die hält man nicht für möglich. Und je länger man darauf schaut, desto seltsamer kommen sie einem vor. Man bringt sein früheres Ich nicht mit seiner aktuellen Existenz in Verbindung. (Diese distanzierte Schreibe hier hat einen echten Grund …)
So geht es mir manchmal, wenn ich in alte Egozines von mir hineinblicke. Diese waren immer sehr subjektiv geschrieben – das war ja der Sinn der Sache – und sind deshalb häufig sehr selbstentlarvend, manchmal sogar unfassbar peinlich. Mein jüngeres Ich ist mir sehr fremd, wenn ich manche Seiten anschaue.
Gleichzeitig ist es spannend, sich wie in einer Zeitmaschine quasi in der Vergangenheit zu beobachten. Wenn das keine Science Fiction ist ...
Dieser Tage hielt ich die sechste Ausgabe von »Der Freak« in den Händen, die 1982 erschien. In dieser Ausgabe wollte ich einige Dinge recherchieren, die ich längst vergessen hatte und die ich für einen Artikel als Grundlage benutzen wollte. Und weil ich so interessiert war, verbrachte ich wohl mehr Zeit als nötig damit, dieses zehn Seiten umfassende Blatt zu lesen.
Sagen wir es so: Manche Dinge sind witzig. Das Egozine besteht vor allem aus einem Bericht über den FreuCon II, der in diesem Frühjahr veranstaltet worden war. Das Jugendzentrum »Murgtäler Hof« in Freudenstadt war zum zweiten Mal für einen Con genutzt worden. Gut sechzig Besucher hatten sich eingefunden, darunter echte Szene-Prominenz.
Dieser Bericht ist sehr subjektiv, zeitweise saßen auch andere Leute als ich an der Schreibmaschine. Man erfährt ein wenig vom »seriösen Programm« des Cons, von den Lesungen und Vorträgen, mehr aber von dem getrunkenen Alkohol.
Überhaupt ist das komplette Mini-Fanzine voll mit protzigen Andeutungen zum »Saufen«. Peinliche Anmerkungen zum Thema Sex dürfen ebenfalls nicht fehlen – bei der Ausgabe sechs eines Fanzines vielleicht nachvollziehbar. Aber festzustellen ist: Man merkt sehr deutlich, dass ich bei der Niederschrift und Verbreitung dieser Seiten gerade mal 18 Jahre alt geworden war ...
Mir wäre das nicht peinlich. Du bist ein Mensch, der sich entwickelt hat. Du kommst von irgendwo aus der Vergangenheit, bist einen Weg gegangen, der dich zu dem Menschen gebracht hat, der du heute bist. Nichts an dieser Entwicklung muss peinlich sein. Ganz im Gegenteil. Es zeigt, dass du ein Mensch warst, bist - und die Hoffnung ist groß, dass du einer sein und bleiben wirst. Wäre deine Vergangenheit an sich und in der publizierten Form nicht existent, müsste (oder könnte) man davon ausgehen, dass du ein nicht real existierendes Kunstprodukt wärst. Und das kann ich mir angesichts meiner Erinnerungen an dich in all den Jahren einfach nicht vorstellen. :)
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