Als ich am Mittwochabend im »Jubez« in Karlsruhe ankam, hatte ich die erste Band schon verpasst. Wie sollte ich auch ahnen, dass man die Uhrzeit für den Beginn eines Konzerts hier ernstnahm? Aber gut, ich schloss mein Rad vor der Tür an das Geländer an, stopfte Mütze und Handschuhe in die Tasche und ging ins Innere, entrichtete den vollen Eintrittspreis und schaute mir dann an, wen ich alles treffen würde.
Ich war schon immer schlecht darin, Menschenmengen zu schätzen. An diesem Abend waren sicher um die 400 Personen im »Jubez«, der Raum war gut gefüllt. Leute, die »punkig« aussahen, gab es nicht. »Szeniges« Aussehen sah ich schon, vor allem in Form von Tätowierungen. Ansonsten hätte ich ein ganz normales Rock-Konzert besuchen können. (Ich kannte ein halbes Dutzend Personen, mehr nicht.)
Aber gut, ich wusste ja, dass Fjørt ein anderes Publikum ansprechen würde als das, das ich sonst auf Konzerten antraf. Deshalb ließ ich mich bewusst auf das Abenteuer ein. Ich war dann doch kurz verwirrt, als die Band auf die Bühne kam: im Trockeneisnebel und begleitet von viel Geflacker und Lichteffekten. Dann legten Fjørt los, und ich verstand wieder, warum ich die Band wirklich gut finde.
Musikalisch ist das, was die drei Männer aus Aachen machen, eigentlich ja Metal, meinetwegen kann man auch Emocore dazu sagen oder irgendwelche intellektuellen Begriffe aus der Schublade fischen. Sie entfachten auf der Bühne einen »Wall Of Sound«, ließen ihren wummernden Sound über das Publikum hereinbrechen. Manchmal kam es mir vor, als hätte ich auf der Bühnen einen ununterbrochenen Mosh-Sound.
Das ging dann doch schnell in die Knochen. Vorne bewegten sich rasch die ersten Leute, irgendwann tanzten auch viele. Ich wollte ruhig stehen bleiben, um ja nicht zu schwitzen – wegen der Kälte und des Radfahrens –, bewegte mich dann doch auch ein wenig. Und als ich mich nach einer halben Stunde umsah, stellte ich fest, dass die ganze Halle in Bewegung war; es stand so gut wie niemand still.
Die Band wirkte authentisch in dem, was sie machte. Die Ansagen waren klar, die Texte sind es ohnehin. Rein textlich ist die Band nicht weit weg von dem Punk- und Hardcore-Sound, den ich mag. Man äußerte sich klar zum Rechtsruck in der Gesellschaft und dem Widerstand, den man gegen organisierte Faschisten und Nazis leisten müsse. Und auf der Bühne vermengten sich der wuchtige Sound, die klaren Ansagen und die deutschsprachigen Texte zu einem eindrucksvollen Gebräu.
Zwischendurch ging ich pinkeln und ein neues Bier holen. Als ich von außen in die Halle hineinblickte, sah ich einen wabernden Nebel aus Dampf und Schweiß, der über den Köpfen schwebte. Und als ich in die Halle ging, war mir, als liefe ich gegen eine Wand aus Dampf und Schweißgeruch. Das passte zu dem Druck und der Action, die das Trio auf der Bühne entfesselte.
Als ich am Ende vor der Tür stand und meine Jacke zuknöpfte, fühlte ich mich euphorisiert. Mein T-Shirt war verschwitzt, mein Haare noch feucht. Ich setzte die Mütze auf, zog die Handschuhe an, hatte die Musik noch im Kopf, setzte mich auf mein Rad und rollte dann langsam heimwärts, durch den feinen Schnee, der um diese Zeit durch die Straßen von Karlsruhe geblasen wurde.
Da bin ich jetzt doch einigermaßen neidisch. Die würde ich auch gern mal live sehen.
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