Seit 1994 wohne ich in Karlsruhe. Ich interessiere mich für Politik, auch wenn ich politikverdrossen bin – das ist bekanntlich kein Gegensatz. Das Aufrechterhalten des Interesses fällt in Karlsruhe einigermaßen schwer, weil die örtliche Monopolzeitung inhaltlich nicht gerade meine optimale Lektüre darstellt – um es höflich zu sagen. Und die Online-Quellen, die über die Stadt informieren, sind nicht sonderlich zuverlässig.
Man könnte sagen: Ich wohne seit 1994 in einer Stadt, über deren Kommunalpolitik ich nicht viel weiß, über die ich gegebenenfalls aber oft und gern schimpfe. Mir fehlt es am Elan, zu öffentlichen Bürgerversammlungen oder in die ebenfalls öffentliche Gemeinderatssitzung zu gehen – all das trägt dazu bei, dass ich nicht so recht weiß, welche Fraktion im Gemeinderat für welche Themen ist.
(Im »Kurier«, einem der wöchentlichen Gratisblätter, kommen die Gemeinderatsfraktionen zu Wort. Das lese ich dann ab und zu. Immerhin.)
Man könnte sagen, ich habe ein Demokratie-Informations-Defizit, das vor allem durch meine Trägheit ausgelöst wird. Und seit 1994 höre ich von den Parteien eigentlich nur, wenn sie etwas von mir möchten: meine Stimme bei einer Wahl. Dann ist der Briefkasten vollgestopft mit Informationen und politischer Werbung.
Kurz vor dem Jahreswechsel aber steckte eine politische Information im Briefkasten. Zum ersten Mal, seit ich in der Stadt wohne, machte sich eine Gemeinderatsfraktion die Mühe, über ihre ganz normale Arbeit zu informieren. Ich war beeindruckt, damit hatte ich nicht gerechnet.
Ich überflog den weißblauen Zettel, zerriss ihn und warf ihn weg. Die Nasen der örtlichen AfD-Abgeordneten wolte ich nicht länger als nötig betrachten. Aber wir halten fest: Die einzige Partei, die es in Karlsruhe seit 1994 außerhalb von Wahlkämpfen für nötig gehalten hat, mich als Bürger über ihre Arbeit zu informieren, ist die AfD.
Keine Sorge, ich finde die »Alternative für Deutschland« immer noch widerwärtig, daran ändert ihre angebliche Bürgerinformation nichts. Aber dass ausgerechnet die Rechten das machen, was man von den Demokraten eigentlich erwarten sollte, das stimmt mich dann doch nachdenklich ...
Dia dhuit, Klaus.
AntwortenLöschenDemzufolge hat also Karlsruhe kein regelmäßig erscheinendes Amtsblatt, in dem Sitzungsprotokolle, Planungen, Jahresstatistiken, Haushaltszahlen ect veröffentlicht werden!?
Wenn Infogehalt & inhaltlich/sachliche Ausgewogenheit nicht gerade durch die Decke geschossen sind, dann ist der erwähnte Fresszettel jetzt auch nichts anderes als Parteiwerbung.
Ob nun gerade Wahlen anstehen oder nicht!
Von welcher Kasse das Geld für die Aktion kam, wäre die interessante Frage.
bonté