21 September 2017

Ein Textlein zum Thema Papier

Am 4. November 1980 schrieb ich einen Text mit dem Titel »Papier«. Ich betrachtete das als Gedicht, und wenn man den Text mit dem Abstand vieler Jahre anschaut, fällt auf, wie sehr ich damals experimentierte und nach meiner eigenen Form suchte.

Verfasst wurde der Text in konsequenter Kleinschreibung; das las man damals häufig in kleinauflagigen Literaturzeitschriften und auch politischen Schriften, die sogar an der Schule kursierten. (Wobei ich zu jener Zeit bereits meine Lehre als Bürokaufmann angefangen hatte, die mich unendlich frustrierte.) Trotzdem hielt ich mich an Absätze, versuchte dadurch, den Text sinnvoll zu gliedern.

Manche Formulierungen setzten auf den Effekt; wenn ein 16 Jahre alter Jugendlicher in einem Gedicht die Worte Arsch und Arschloch benutzt, kann man das nicht anders nennen. Manche Formulierungen gingen weiter: » wieviel worte / verschluckt eine weiße fläche / bis sie es nicht / mehr ertragen kann.«

Am Ende erklärte ich den Text sogar gewissermaßen. Ob Papier als Synonym herhalten könne, ob das ein schlechter Vergleich sei. Angehende Lyriker, die ihre Texte erklären – das allerdings war 1980 sicher mehr als modern ...

1 Kommentar:

  1. Papier

    geschaffen zur
    vielseitigen verwendung
    für alles und jeden
    die einen benutzen
    es für ihre dreckigen
    pamphlete
    juden raus
    ausländer raus
    und so
    andere brauchen
    es auf der toilette
    zum abwischen des vielzitierten
    arsches und arschlochs
    andere regen sich
    auf ihm über
    worte wie obige auf

    wieviel worte
    verschluckt eine weiße fläche
    bis sie es nicht
    mehr ertragen kann
    bis dieses weiß
    sich in ein dreckiges
    grau verwandelt
    bis diese weiße
    seele beschmutzt
    von dreck und abfall
    sich auskotzt übergibt
    und alles ablegt

    papier als synonym
    für einen sogenannten
    menschlichen geist

    ein
    schlechter vergleich?

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