02 August 2017

Bei der Heiligen Theresia

Mit dem Prinzip der Heiligen innerhalb der Katholischen Kirche bin ich vertraut, wenngleich ich es nicht so richtig verstehe. Im Prinzip bietet man den Gläubigen eine Reihe von kleinen Göttern an, zu denen sie beten können, wenn es ihnen schlecht geht. Aber wenn man schon mal in einer Stadt weilt, in der eine »echte« Heilige gelebt hat, muss man sich das zumindest mal anschauen.

Dachte ich. Also hielten wir an, als wir durch Lisieux kamen.

Die Stadt in der Normandie ist nicht weiter wichtig. Im Krieg wurde sie stark zerstört, danach wurde sie eher unterdurchschnittlich wieder aufgebaut. Die Innenstadt ist somit wenig ansehlich – aber die meisten Besucher schauen sich ohnehin nur die Wallfahrtskirche an, die am Stadtrand errichtet wurde.

In der Stadt wirkte die Heilige Theresa, auch Therese oder Thérèse geschrieben. Im neunzehnten Jahrhundert war sie eine berühmte Kirchenlehrerin, die allerlei Wunder tat und deshalb bis heute verehrt wird. Sie war – so heißt es in ihren Biografien – ständig auf der Suche nach der Heiligkeit; als wurde sie allerdings wirklich nicht (1873 bis 1897).

Ihr zu Ehren wurde eine prunkvolle Wallfahrtskirche errichtet, zu der auch ein kleiner Park, ein Museum und andere Gebäude gehören. (Bei einem Bus hatte ich aber den Eindruck, dass die Reisenden vor allem die öffentlichen Toiletten aufsuchten, um dann gleich weiterzufahren.)

Wer sich dort aufhält, kann viel Zeit damit verbringen, Heiligenblder und Statuen anzuschauen. Ich fand fast interessanter, den Gläubigen zuzuschauen, die teilweise von weit her zu der Kirche fuhren. Eine Wallfahrt erlebte ich allerdings nicht mit.

Der Anblick der Kircheninnern, das recht modern wirkte, aber dennoch genügend Prunk ausstrahlte, machte auf mich einen wuchtigen Eindruck. Interessieren würde mich da immer, was die Nonne von damals zu dem Bau sagte, den man in ihrem Namen errichtet hat. Ob es ihr peinlich wäre?

Mit Heiligen kann ich nicht viel anfangen. Den Glauben möchte ich den Menschen nicht nehmen, das ist ihre Privatsache. Auch in der Wallfahrtskirche sprang kein Funke auf mich über. Aber ich fand's dann doch interessant, sie besucht zu haben ...

1 Kommentar:

  1. Salvate, frater Klaus.
    Architektonisch, künstlerisch sind Kirchen, Klöster & Kathedralen durchweg sehenswert(es gibt eine ausgesprochen gute Doku-Reihe der BBC). Zeugnis ihrer jeweiligen Zeit & Kultur. Weswegen ich sie ähnlich einordne wie jeden altägyptischen Tempel oder steinzeitlichen Megalithen. Den metaphysischen Überbau zu allem ordne ich dabei sinnigerweise unter "Stories" ein (*).

    Kirchenhistorisch waren die Heiligen in der frühen Expansionsphase gut für die Mund-zu-Mund-Propaganda & Zugeständnis an den Götterglauben neuer Zwangsbekehrter. Später gesellte sich die Wertschöpfung durch das Abgreifen von Pilgern hinzu, die dankbar für jeden lokalen Wallfahrtsort wurden. Die netten Stories dazu waren dabei der geringste Aufwand.
    Funktioniert seltsamerweise bis in die Neuzeit.

    bonté


    (*)"Folgt der Sandale!" ('Life Of Brian)'

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