29 April 2017

Mein Treffen mit Wahnfried

Dass ich von Opern wenig Ahnung habe, dürfte kaum jemanden überraschen. So wusste ich bislang auch nichts davon, wie eng meine Heimatstadt Karlsruhe – über den jüdischen Dirigenten Hermann Levi – mit der Geschichte des judenfeindlichen Kompnisten Richard Wagner verknüpft ist. Jetzt weiß ich das ... und ich finde die Verwicklungen spannend.

Karlsruhe leistet sich ein Opernhaus, in dem in diesem Jahr gewissermaßen Richard-Wagner-Festspiele sind. In diesem Rahmen wurde die Oper »Wahnfired« auch uraufgeführt; gestern sah ich diese Oper dann auch.

Komponiert wurde die Oper von dem israelischen Komponisten Avner Dorman, geschrieben wurden sie von deutschen Dramaturgen. Erzählt wird die Geschichte des Wagner-Clans aus ungewöhnlicher Perspektive: aus der eines Engländers, der so fasziniert von den Deutschen ist, dass er quasi zu ihnen überläuft.

Mit der Musik konnte ich nicht viel anfangen: Das war wenig melodisch, das war sehr hektisch. Klar wurde ein Opernchor aufgeboten, und selbstverständlich stand ein fettes Orchester zur Verfügung. Aber ins Ohr ging mir da nichts.

Umso eindrucksvoller dann die Vorstellung selbst. Die Verstrickungen des Wagner-Clans in den Aufstieg des Nationalsozialismus wurden stark dargestellt, das Schicksal des jüdischen Dirigenten immer wieder eingeflochten. Adolf Hitler trat auf, der Kaiser hatte ein Gastspiel, alles in allem bekam man fünfzig oder sechzig Jahre deutscher Geschichte um die Ohren gehauen.

Vor allem halt der judenfeindliche Teil dieser Geschichte. Wenn Opernsänger von »jüdischer Hetze« singen oder »die Arier« beschworen werden, jagt einem das einen kalten Schauder über den Rücken. Vielleicht lag es auch daran, dass nach der Pause einige Sitze in unserer Nähe leer blieben – so viel Realitätsnähe und Wagnerkritik dürfte für das normale Opernpublikum nicht einfach auszuhalten sein.

Ein Opernfreund werde ich sicher in meinem Leben nicht mehr werden. An den »Wahnfried« werde ich mich aber noch lange erinnern. Das war ein eindrucksvolles und starkes Theaterstück, mit tollen Sängern und einer Musik, die halt überhaupt nichts für mich war.

1 Kommentar:

  1. Salut, Klaus.
    Oper & Operette sind wohl ein Aspekt kulturellen Schaffens, die entweder innig geliebt oder stoisch ignoriert werden. Im Gegensatz jetzt gesehen zu Theather, Konzert oder Kino, wo die Durchläßigkeit ergiebiger bleibt.
    Oper muß (!) man/frau schon mögen (*)

    Wagner-Teile sind dann nochmals ein anderes Kaliber, weil einem auf stumpfen Helden-Pathos dann doch noch einer abgehen muß. Woody Allens Filmzitat über "den-Drang-in-Polen-einzumarschieren" dürfte ja noch bekannt sein.
    Tatsächlich ist mein einziger Bezug zur Wagner-Mucke der, was militarischen Zynismus angeht, treffgenaue Einsatz der "Hoppe-Reite-Walküren" in 'Apocalypse Now'.

    Zeitgenössische E-Musik ist in der Tat Herausforderung pur; Speed Metal kann da - direkt verglichen - geradezu harmonisch klingen...

    Opern-Fans, die Wagner einzig als heres Ceuvre sehen wollen oder ihre braunen Fuße pflegen, werden wohl zwangsläufig ein Problem mit der hier offerierten Geschichte (sic!) hegen.

    bonté

    (*)oder der Publicity wegen eine Bayreuth-Premiere durch-sitzen

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