Den Sachsen an sich lernte ich in meiner Jugend durch die Lektüre von Karl-May-Büchern kennen. In diesen Romanen war der Wilde Westen von Sachsen buchstäblich bevölkert – gefühlt jeder zweite Westernheld war eigentlich Sachse oder hatte sächsische Wurzeln. Die Sachsen waren handfeste Kerle, die zwar einen leichten Sprachfehler aufwiesen, sonst aber ziemlich korrekt waren, immer hilfsbereit und fröhlich.
Nach 1990 bekam ich von den Sachsen ein anderes Bild. In den »fünf neuen Ländern« tobte ein rechtsradikaler Mob. Ausländer wurden durch die Straßen gehetzt, Punks totgetrampelt, Obdachlose bei lebendigem Leib abgefackelt. In den meisten Fällen stellten Polizei und Gerichte fest, dass es sich um Taten von Einzeltätern handelte, also keinerlei rechtsradikaler Hintergrund feststellbar war.
Irgendwann verlangsamte sich die Welle der rechtsradikalen Gewalt im Osten dieser Republik. Zumindest hörte die Berichterstattung darüber auf. Klammheimlich schienen »national befreite Zonen« entstanden zu sein, aus denen die »Linken« eben ab- und keine Ausländer zuwanderten. Und da die Prügel-Nazis älter und »bürgerlicher« wurden, verschwanden sie als Brutalo-Skins aus dem Stadtbild.
Seit zwei Jahren brennen die Flüchtlingsheime, es kommt ständig zu Übergriffen und Attacken. Die Polizei in Sachsen verortet viele grundlegende Probleme nach wie vor bei »Linksautonomen«, wie sich zuletzt bei einer Pressekonferenz zeite. Auch wenn Bomben vor einer Moschee explodieren, werden diese Explosionen als »Vorfälle« bezeichnet, man ermittelt brav »in alle Richtungen«.
Mal ganz ernsthaft: Ich hätte gerne die Sachsen zurück, wie sie Karl May beschrieben hat. Könnten zum Ausgleich die Nazis und ihre Sympathisanten, die derzeit mein Sachsenbild prägen, irgendwohin gehen, wo sie niemanden stören? Nur mal so als Vorschlag ...
Spannender und, wie ich finde, auch stimmiger Versuch einer Erklärung, warum der Rassismus in Ostdeutschland so groß ist.
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