Als ich aus dem Urlaub zurückkam und am Sonntag abend durch die Innenstadt von Karlsruhe spazierte, sah ich Plakate, auf denen für ein Konzert der amerikanischen Band Neurosis geworben wurde. »Boah«, sagte ich sowohl intellektuell als auch sehr fachkundig, »die gibt es wieder?« Spontan hatte ich Lust, mir die Band live anzuschauen.
Neurosis hatte ich einmal in den 90er-Jahren gesehen. Die Kalifornier spielten im SO 36 in Berlin, und als Begleitung hatten sie Youth Brigade dabei. Seien wir ehrlich: Bei Neurosis stand ich da, hatte den Mund offen stehen und war echt fasziniert – mehr ging da nicht. Bei Youth Brigade stürzte ich mich fröhlich ins Pogo-Gewühl.
Ich überlegte mir ernsthaft, das Konzert zu besuchen, und recherchierte einen Tag später genauer. Das Konzert sollte am Freitag, 19. August 2016, im »Substage« stattfinden, einem von der Stadt Karlsruhe subventionierten Konzertort. Als Eintrittspreis wurden 35 Euro für die Abendkasse genannt.
Jegliche weitere Diskussion verbot sich da von selbst. Mir ist klar, dass die Konzertpreise in den vergangenen Jahren geradezu explodiert sind; mir ist auch klar, dass die 80er- und 90er-Jahre sowieso schon ewig her sind. Aber 35 Euro empfinde ich schon als – um es höflich zu formulieren – ein wenig arg weit weg vom ursprünglichen »Geist« der Band.
Okay, von Punkrock und Hardcore hatten sich Neurosis schon zu Beginn der 90er-Jahre verabschiedet. Von daher darf ich mich nicht ärgern, will ich auch nicht. Es wird genügend Menschen geben, die bereit sind, einen solchen Preis zu bezahlen – von daher ist es völlig gleichgültig, ob ich ihn hoch finde oder nicht.
Immerhin gibt es – laut Information – im Konzertraum dann »Stehplätze, freie Platzwahl«. Das finde ich dann schon ein wenig erleichternd ...
Ach, ich war gerade vor ein paar Tagen auf Ministry. Ein ganzer Haufen Freunde ging hin und ich habe vorher gar nicht geschaut, was die Karten überhaupt kosten sollten. Es waren dann 36 Euro. Da habe ich auch ganz schön geschluckt. Ich will das auch gar nicht schönreden. Aber ich habe nun schon von einigen Musikern gehhört, dass sie von den Verkäufen ihrer Musik überhaupt nicht mehr leben können. Das ach so gehypte Spotify etwa bringt Musikern (es sei denn vielleicht es sind die ganz, ganz, Großen - womit ich nicht unbedingt ihre Qualität meine) nur Pfennigsbeträge. Das einzige was etwas einbringt sind tatsächlich Konzerte und dann dort noch der Merchandiseverkauf.
AntwortenLöschenDa beißt sich die Katze irgendwann selber in den Schwanz. Keiner will mehr was für Musik bezahlen, also steigen die Preise, damit überhaupt noch was hängen bleibt, und das führt dazu dass manche Leute es sich wieder nicht mehr leisten können/wollen, usw.
Ich will das nicht in Schutz nehmen. Ticketpreise von über hundert Euro etwa für Depeche Mode sind schon völlig verrückt. Aber ich selbst möchte auch angemessen für meine Arbeit entlohnt werden - weswegen sollte ich es also auch nicht einem Künstler gönnen? Schätze mal, selbst die Punks sind mittlerweile groß und haben Familien zu ernähren... oder den Kredit für die Lebertransplantation abzubezahlen, die aus den wilden Tagen herrührt. ;-)
Es ist einsichtig, dass die Konzertpreise steigen. Die Zeiten, als man drei Bands für sieben Mark im Jugendzentrum angucken konnte, sind definitiv rum. Bei NEUROSIS war halt für mich wieder mal so eine Schmerzgrenze erreicht; das Konzert wird ja trotzdem voll sein, und es kommt auf mich nicht an.
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