Als ich zum ersten Mal in die DDR reiste, irgendwann zu Beginn der 80er-Jahre, war ich sehr gespannt auf das Land, von dem ich bislang nur aus Gesprächen mit älteren Verwandten (»die Ostzone«) oder aus der Schule wusste, vielleicht noch durch eine gelegentliche Lektüre der Zeitschrift »Eulenspiegel«, die es gelegentlich im Bahnhofsbuchhandel zu kaufen gab. Ich wusste, dass es eine regierungsnahe Zeitung gab, die den schönen Titel »Neues Deutschland« trug, und natürlich kaufte ich mir ein Exemplar.
»Dass uns keiner mit dem Ding sieht!«, zischte mich der Bekannte an, den ich damals in »Kalle-Malle« besuchte. In Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, kauften und lasen nur jene Menschen die Zeitung, die hundertprozentig linientreu waren. Und bei meinem Besuch in der Stadt fand ich nur Leute, die den Staat blöd fanden ...
Am heutigen 23. April 2016 jährt sich die Gründung des »Neuen Deutschland«. Die Zeitung hat heutzutage keine echte Relevanz mehr; in meiner Wahrnehmung ist sie ein linkes Sektiererblatt, das nur beinharte Kommunisten lesen – und mit denen kann ich nach wie vor nicht viel anfangen. Gegründet wurde die Zeitung am 23. April 1946; damals strebte man noch ein »anderes, antifaschistisches, sozialistisches Deutschland« an, ein »anderes Deutschland« eben.
Von dem träumte unsereins auch im Sommer 1989. Aber das ist eine andere Geschichte. Fakt ist, dass das »Neue Deutschland« auf eine lange Tradition zurückblickt. Die »Sozialistische Tageszeitung« existiert immer noch, und das im wiedervereinigten Deutschland, einer Mittelmacht, die auf dem europäischen Kontinent derzeit sogar den Rang einer Großmacht einnimmt. Ob sich das die Gründer der Zeitung im Jahr 1946 hätten träumen lassen?
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