»Kandidat Nixon hat das Niveau einer gebückten Kaulquappe. Das wird noch vielen wehtun, falls er nächstes Jahr drankommt.« Sarkastisch, klar und mit bestechender Logik: Carl Weissner war nicht nur Zeit seines Lebens ein hervorragender Übersetzer und Herausgeber, sondern auch ein Autor, der seine Inhalte auf den Punkt brachte.
Ein gelungenes Beispiel dafür ist das Buch »Die Abenteuer von Trashman«: Es wirkt auf den ersten Blick wie ein Roman, präsentiert aber »nur« Tagebuchnotizen Weissners aus den Jahren 1967/68, in denen der Student aus Heidelberg in New York unter Beatniks, Hippies und Musikern lebte. Das Buch erschien als Hardcover-Band im kleinen, aber feinen Milena-Verlag und ist hervorragend!
Weissner zieht durch die Bars von New York, er trifft sich mit Künstlern wie Andy Warhol, Musikern wie Janis Joplin oder Autoren wie William Burroughs, er geht zu einem »aufstrebenden Komiker« namens Al Pacino, der auf einer Bühne in Manhattan aufspielt – und all diese Begegnungen notiert er in kurzen Texten in seinem Tagebuch.
Er liest Zeitung, er geht auf politische Veranstaltungen, er beschreibt den Streik der Müllabfuhr und den politischen Aufruhr, der wegen des Vietnam-Kriegs das gesamte Land befällt – all das wird bei Weissner in kurzen Szenen zu spannender Literatur. Ich las das Buch in kleinen Dosen, immer mal wieder einige Seiten, und ließ mich einfangen von einer Zeit, in der New York wie ein brodelnder Moloch wirkt.
Man muss ein bisschen Ahnung von der beschriebenen Zeit, ihren Politikern und Künstlern haben, weil man sonst keine der Anspielungen versteht. Ich bin sicher, dass ich nicht alles kapiert habe, ich mochte aber den Blick auf die späten 60er-Jahre sehr.
Wie bisher glaubte, das sei vor allem eine Zeit gewesen, in der kiffende Hippies den Ton abgaben, sieht sich nach Lektüre dieses Buches eines besseren belehrt: eine eindrucksvolle Lektüre, spannender als mancher Roman!
Hi, Klaus!
AntwortenLöschenDanke für diesen coolen Tipp! Wusste ich gar nicht, dass Weissner verstorben ist. Mir war er v.a. als bester Übersetzer der meisten Bukowski-Werke bekannt, da er dies so sarkastisch als auch gefühlvoll rüberbrachte wie niemand sonst. Konnte ihn nochmal vor ein paar Jahren bei einer Lesung zu Bukowski bestaunen und fand ihn großartig! Jetzt, wo ich mal so eben geschwind bei Frau Wikipedia nachgucken kann;-), fällt mir erstmal auf, was Carl Weissner sonst so alles gemacht hat: beeindruckend!
Im Übrigen bekam ich dein "Tier von Garoua" vor Kurzem geschenkt und las es mit Begeisterung gleich zweimal, auch wenn ich einiges aus dem guten alten Enpunkt kannte.
Viele Grüße aus Freiburg,
Ralph