Urban Priol ist ein Phänomen: Wie der Mann es schafft, seit Jahren erfolgreich im Kabarett-Geschäft tätig zu sein, ohne dass er offenkundige Ausfall- oder Ermüdungserscheinungen hat, das finde ich beeindruckend. Ich sah ihn vor sechs Jahren schon einmal live, ich sah ihn x-mal im Fernsehen, und gestern abend war ich wieder einmal im Live-Programm. Die Veranstaltung war erneut in Pforzheim, in dem unglaublich hässlichen Kongresszentrum der Stadt, und wir hatten recht gute Plätze im vorderen Drittel der Halle.
Priol machte, bevor das eigentliche Programm losgeht, auf der Bühne seine Aufwärmübungen. Anders kann man es nicht nennen, wenn er in einer Hauruck-Tour durch die top-aktuelle Tagespolitik geht und diese satirisch aufspießt: frei Schnauze, nur mit einer Handvoll Notizen und ansonsten voller Pointen und sarkastischer Späße. Das ganze ging locker eine halbe Stunde lang, und das fand ich enorm.
Das eigentliche Programm kam anschließend; inklusive einer Pause dauerte die Veranstaltung gut dreieinhalb Stunden. Dreieinhalb Stunden lang tobte der kleine Mann mit dem krausen Haar über die Bühne, verspottete die Kanzerin und ihr Kabinett (»Merkel regiert mit Krücken« ... wie wahr!) und ließ niemanden von den Herrschenden ungeschoren.
Gelegentlich gab es harmlosere Einschübe, etwa zum Thema Steuererklärung oder Internet-Manie junger Leute. Meist aber zog er politische Themen in den Vordergrund, die er mit einer wahren Freude am Sarkasmus durchexerzierte.
In der zweiten Hälfte gab es sogar Programmteile, bei denen man kaum lachen konnte, so ernst waren sie eigentlich: Die Art und Weise, wie das reiche Europa mit Flüchtlingen umgeht, lässt sich auch kaum in einen fröhlich klingenden Witz verpacken.
Am Ende waren wir buchstäblich erschöpft vor Lachen. Und eigentlich sollte man nach so einem Kabarett-Abend, der einem zudem genug Stoff zum Nachdenken gab und gibt, auf die Straße gehen und seine Meinung lautstark und nicht unbedingt »harmlos« äußern. Aber dazu sind wir und waren die anderen Hunderte und Tausende im Saal dann doch wieder zu feige ...
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