20 November 2013

Analoger Newsletter


-->Ich habe das Punkrock-Fanzine »Der gestreckte Mittelfinger« schon immer gern gelesen und finde, dass die aktuelle Ausgabe sieben noch besser als die vorherigen ist. Wer das beschaulich wirkende Wiesbaden kennt, vor allem die schicke Innenstadt, kann sich kaum vorstellen, dass eine derartig gelungene Punkrock-Mixtur aus dieser Stadt kommt. Der Name ist sowieso Programm ...
Der »analoge Newsletter für Kidpunx für Kidpunx« enthält zwar auch fanzinetypische Beiträge wie – stets lesbar-kritische – Plattenbesprechungen oder Interviews, etwa mit Bands wie Kotzen oder Smogtown. Durchaus kritisch ist das Interview mit einem Menschen, der auf seiner Internet-Seite haufenweise »kostenlose« Punkrock-Platten zum Download anbietet.

Vor allem aber setzt das Fanzine auf Erlebnisberichte, Kurzgeschichten und fieshumorige Einblicke in das Leben und Gedankengut des Machers. Falk Fatal ist mit seiner eigenen Band Front unterwegs, hat mit Matula Records ein eigenes Label, veranstaltet Konzerte und Lesungen – vor Jahren durfte ich auch mal ran – und ist darüber hinaus ein umtriebiger Mensch.

Das alles findet seinen Niederschlag in einem Fanzine, das inhaltlich wie optisch überzeugt. Das klassische Punkrock-Schnipsellayout wird auf den 88 A5-Seiten gut übernommen, allerdings mit modernen Mitteln abgeschmeckt und stets sehr gut lesbar. Die Beiträge lassen sich alle mit großem Vergnügen durchschmökern, so dass das Heft wochenlang bei mir auf dem Klo lag und immer wieder zu Rate gezogen wurde.

Eines der Highlights ist der Beitrag über den Journalisten Günter Wallraff: In völlig ernsthaftem Ton wird ein Buch besprochen, in dem sich der »Enthüller« in die Rolle des Sängers G.G. Allin hineinlebt und diese Rolle komplett übernimmt. Wallraff kommt hier ebensowenig gut weg wie die unterstützenden Medien; der Beitrag ist sarkastisch und witzig zugleich und könnte so nie in einer halbwegs seriösen Zeitschrift stehen.

Für »verflucht preiswerte 1,50 Euro« flattert einem, wenn man möchte, ein Punkrock-Fanzine ins Haus, das einen wie eine Wundertüte überraschen und begeistern kann. Zumindest den Leser oder die Leserin, die eine Freude an durchaus grobem, manchmal pubertärem Humor in Verbindung mit brauchbaren Informationen zu schätzen wissen.

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