Herrlich absurd: Die unnötigste Partei der vielen unnötigen Parteien macht mal wieder klar, wes Geistes Kind ein großer Teil der sogenannten Führungsspitze ist. Wer Julia Schramm ist, wusste ich bis vor kurzem nicht: Sie gehört zum Vorstand der Piratenpartei und hat jetzt ein Buch geschrieben, das den schönen Titel »Klick mich« trägt.
Ohne auch nur reingeguckt zu haben, gehe ich mal großzügig davon aus, dass ich es nicht lesen muss. Die Dame hat dafür einen ordentlichen Vorschuss bekommen, der ihr gegönnt sei, und sie lässt jetzt Urheberrechtsverletzungen verfolgen. Das ist heuchlerisch, wenn auf der anderen Seite bei jeder Gelegenheit über die angebliche Content-Mafia geschimpft und die Freiheit des Internets bejubelt wird.
Den Höhepunkt der laufenden Debatte bildet ein Text auf dem Blog »Neue Modelle«, der mit »Sehr geehrte Julia Schramm« beginnt. Der Autor bittet die Autorin um die Nennung eines Links, wo er das Buch »kostenlos herunterladen« könne; er müsse »ja irgendwie entscheiden« können, ob er es kaufen wolle.
Er kommt mit einem großartigen Piratenpartei-Argument: »Selbstverständlich zahle ich freiwillig irgendwann mal eine absolut angemessene Entschädigung an Sie, falls mir das Buch nachhaltig etwas wert ist.« Sehr schöner Text – absolut empfehlenswert!
Wenn er nicht schon 1994 gestorben wäre, dann hätte man meinen können, John Osborne hätte beim Schreiben folgender Zeile die Piraten im Sinn gehabt:
AntwortenLöschen"Der Computer ist die logische Weiterentwicklung des Menschen: Intelligenz ohne Moral."
Wie ist eigentlich deine Meinung zum Bettina Wulff Buch?
AntwortenLöschenImmerhin serden hier 100.000 Euro zu 60.000 Euro Vorschuss gehandelt. Beide sind Politisch affin und die eine partizipiert noch von 200.000 Euronen Ehrensold als Parterin. Gezahlt vom Staat.
Zu Bettina Wulff habe ich keine Meinung; das Buch ist mir völlig egal. Sagen wir so: Es gibt einen Verlag, der einer völlig unbedeutenden Blondine einen großen Vorschuss bezahlt – rein wirtschaftlich hat Frau Wulff richtig gehandelt. Über den Inhalt ihres Buches kann ich nur mutmaßen, und ich gehe davon aus, dass es mich nicht interessieren dürfte.
AntwortenLöschenVorweg: ich bin kein Mitglied der "Piratenpartei" und habe die PP in erster Linie als Alternative zum meiner Ansicht nach sinnfreien symbolischen Aktion des ungültig-Wählens gewählt.
AntwortenLöschenAllerdings: einige Punkte, die die PP anschneidet, halte ich für diskussionswürdig. Etwa das bedingungslose Grundeinkommen oder die Vorschläge zur Reform (nicht Abschaffung) des Urheberrechts, vor allem seitens der "Musikpiraten", die ja durchaus mit Komponieren usw. Geld verdienen, das auch weiterhin tun wollen, allerdings zu anderen Bedingungen.
Die immer noch von vielen Politikern und vielen Medien verbreitete Behauptung: "Die Piraten wollen Urheber enteignen und alles umsonst ins Internet stellen" trifft nicht zu. (Auch die "Linken" haben mit ähnlichen Behauptungen zu kämpfen, es ist also kein exklusives "Piratending". Die Grunde sind klar: die "Piraten" stellen das bisherige Geschäftsmodell der Medienindustrie infrage, die "Linken" sogar gleich das ganze System. Ich kann die Verlage usw. sogar verstehen, dass sie sich das nicht gern gefallen lassen.)
Frau Schramm hat einiges verkehrt gemacht und einiges ziemlich Dummes gesagt. Sie wirkt auf mich wie eine "typische" Talkshow-Möchtegern-Politikerin.
Dennoch kann ich auch manche ihrer Reaktionen nachvollziehen, nämlich dort, wo ihre "Kritiker" (auch die, die selbst "Piraten" sind) nicht Aussagen, Verhalten oder Umstände kritisieren, sondern sie stattdessen persönlich angreifen.
Wie hätte ich an Frau Schramms Stelle gehandelt? Nicht wesentlich anders. Das, obwohl ich wie sie wenig vom derzeitigen Urheberrecht halte.
Wenn ich heute ein Buch veröffentliche tu ich das ja unter heutigen wirtschaftlichen wie gesetzlichen Bedingungen und Vorgaben. Eine Forderung oder ein Ziel ist ja etwas, was noch nicht da ist, insoweit halte ich die Forderung an jemanden, sich so zu verhalten als sei eine Situation schon so, wie man sie gern hätte, für ein klein wenig absurd.
Wenn ich heute ein Buch veröffentlichen will, mit dem ich Geld verdienen will, komme ich (noch) nicht am etablierten Verlagswesen vorbei. Und zu diesen Verlagswesen gehören eben auch Abmahnungen gegen Menschen, die die nun einmal bestehenden Urheberrechte verletzen. (Das ist sogar dann so, wenn mir als Autor, mit vielleicht 5% Anteil am Verkaufspreis jedes verkauften Exemplars, herzlich egal ist, ob es die eine oder andere "Raubkopie" gibt.)
Würde man mich auffordern, wegen meiner Kritik am Urheberrecht (die ja nicht auf Abschaffung zielt) dürfte eben konsequenterweise nicht nur kein Geld mit meiner Schreiberei verdienen dürfen, sondern müsse auch die Publikation gefälligst aus eigener Tasche bezahlen, dann würde ich das für eine ziemliche Unverschämtheit halten.
Wir reden hier aber nicht von jemandem, der das Urheberrecht nur "reformieren" will, sondern von jemandem, der Urheberrechte "ekelerregend" fand, im Parteiprogramm das Zitat "... nichtkommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur zu legalisieren (!), sondern explizit zu fördern..." ausdrücklich fordert und genau dann, wenn man diesen vollmundigen Blasen Taten folgen lassen könnte, einknickt, das Geld kassiert, den Verlag seine Urheberrechte sichern lässt und alles ganz okay findet. Ich finde sowas zutiefst heuchlerisch.
AntwortenLöschenJa, Erik, genau das meine ich mit "Frau Schramm hat einiges ziemlich Dummes gesagt". Eher Provokateuse als Politikerin.
AntwortenLöschenHätte sie vorher eine Position vertreten wie z. B Sven Scholz von den "Musikpiraten", dann hätte man ihr beim besten Willen keine Heuchelei vorwerfen könne.