Weil ich eine Besprechung hatte und mich danach lieber zu Hause an den Computer oder mit kurzen Hosen auf den Balkon setzen wollte, verließ ich schon um 14.30 Uhr das Büro und war zeitig in Karlsruhe. Ein Hubschrauber kreiste über unserem Viertel, aber ich machte mir keine Gedanken – das Krankenhaus ist in der Nähe, was häufigen Helikopter-Verkehr mit sich bringt.
Dann aber erfuhr ich, was eigentlich los war: Geiselnahme, Schießerei, Mord und Totschlag. Und das alles in unserer beschaulichen Beamten- und Studenten-Stadt ...
Die Medien wussten um diese Zeit noch nicht viel, berichteten aber schon fleißig. Ein Mann hatte in der Nordstadt einige Geiseln genommen und diese dann erschossen; er selbst richtete sich ebenfalls. Das Sondereinsatzkommando kam zu spät. Ein Grund war wohl die drohende Zwangsräumung der Wohnung; unter anderem musste ein 33jähriger Handwerker dran glauben.
Das fand ich schon reichlich grob. Entsetzt war ich allerdings, als ich hörte, wo die Morde geschehen waren: im Kanalweg, exakt in der Ecke der Stadt also, wo sich auch das »fünf« befindet, mein Stamm-Restaurant, mein Lieblings-Biergarten, meine Fußballkneipe während der großen Turniere.
Wir verfolgten im Verlauf der nächsten Stunden immer wieder die Medienberichte. Menschen von außerhalb riefen bei mir an und fragten nach Details – aber ich wusste ja nichts. Wie sich herausstellte, kannten wir niemanden von den Betroffenen; das Haus war auch weit vom »fünf« entfernt. Ich fühlte mich dennoch persönlich betroffen. Schon seltsam, wie einen ein solches Ereignis packen kann ...
Gestern war ich auch im Kanalweg, in der Amerikanischen Bibliothek, die sich ja im selben Gebäude wie das fünf befindet. Als ich von der Geiselnahme und den Morden hörte, musste ich auch denken, dass ich wegen der Bibliothek ja regelmäßig im Kanalweg bin.
AntwortenLöschenGestern war es dann schon ein wenig seltsam, dort zu sein. Obwohl das natürlich total irrational ist und sich dort für micht nichts geändert hat, wirft die Tat schon einen Schatten auf die Gegend.