15 Mai 2011

Deutschtümelnde Autoren?

Ich liebe Autoren-Arroganz. Aktuelles Beispiel: Johano Strasser, der Chef des Schriftstellerverbandes PEN: Nach einem Zitat des »Börsenblatts« hat er sich kritisch zur »literarischen Novitätenflut« geäußert, auf deutsch, hat er darüber gemault, dass es zu viele neue Bücher gibt.

Am Rande einer Tagung sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa, es gebe in Buchhandlungen zu viel von »irgendwelcher fragwürdiger amerikanischer Literatur, hastig übersetzt ins Deutsche«. Gleichzeitig vergessen viele Leute, »dass es so viele gute Literatur in Deutschland gibt, die nie auf so einen Stapel gerät«.

Grundsätzlich hat er recht: Es findet sich viel Genre-Literatur – vor allem Krimis und dergleichen – auf den Stapeln der Buchhandlungen, die aus dem englischsprachigen Raum kommt. Und es gibt viele gute Romane aus deutschen Landen, die nicht auf den Stapeln landen.

Nur: Gleichzeitig ist es kompletter Unfug, was er sagt. Wer sich die Stapel in den Buchhandlungen anschaut – vielleicht sollte so ein Groß-Literatur-Autor mal eine Buchhandlung betreten und nicht nur drüber schwadronieren –, sieht sehr schnell, dass es haufenweise Bücher deutschsprachiger Autoren auf irgendwelchen Stapeln gibt.

Im übrigen hat das eine mit dem anderen wenig zu tun. Wer sich über die mangelnde Qualität der veröffentlichten Literatur beschwert, urteilt arrogant und großkotzig über den Geschmack des Publikums.

Und vergisst im übrigen ganz nebenbei, dass der größte Unfug, der hierzulande in den letzten Jahren erfolgreich war, in deutscher Sprache verfasst worden ist. Ich erinnere an Bücher wie »Hummeldumm« oder den Salon-Rassismus eines ehemaligen Bundesbankers und Immernoch-SPD-Mitglieds.

Es ist seltsam, dass auch Autoren in dieses »Deutsche nach vorne!«-Gejammer einstimmen, in dem die Musikindustrie seit vielen Jahren immer wieder versackt. Heinz-Rudolf Kunze und Konsorten haben vor gut zwanzig Jahren schon eine Quote für deutschsprachige Musik im Radio gefordert (und da eher an ihre Murks-Mucke gedacht und sicher nicht an Tocotronic und dergleichen); jetzt folgt eben Johano Strasser mit seinem Plädoyer für Klugscheißer-Literatur.

Ich kapier' das nicht. Vielleicht bin ich deshalb auch kein guter Patriot.

4 Kommentare:

  1. Eine Quote wäre super. Nach zwei übersetzen Büchern müsste dann jeder Leser eines, das orginal auf Deutsch geschrieben wurde, kaufen. Als nächstes sollten wir auch darüber klagen, dass nicht genügend deutsche Erdbeeren gegessen werden...

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  2. Und was denkst Du dann von solchen Projekten?
    http://deutsche-science-fiction.de

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  3. An Florian: Ich kenne diese Seite, finde sie nicht bedenklich, weiß aber auch nicht so recht, was das soll. Ein Alleinvertretungsanpruch für die deutschsprachige Science-Fiction-Szene, aber bitte ohne die Schundhefterl und Bestseller-Schmierfinken? Die Macher der Seite selbst verdächtige ich aber nicht der Deutschtümelei, um das klar zu sagen.

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  4. Danke für die Nichtverdächtigung ;-)

    Unser Portal hat keinen Alleinvertretungsanspruch und wir lassen weder Bestseller noch Heftromane außen vor. Bloß alles, was nicht ursprünglich auf Deutsch geschrieben wurde. Vielleicht sollten wir das mal ein bisschen klarer machen...

    u.

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