Freitag abend in der Innenstadt von Karlsruhe. Nach dem Training bin ich einigermaßen erschöpft und vor allem hungrig. In einem türkischen Imbiss halte ich an, kette mein Fahrrad an einen Laternenpfahl und setze mich nach der Bestellung an einen Tisch: innen drin, so daß ich das türkische Musikfernsehen in epischer Länge und Breite mitbekomme, aber direkt am Fenster, um die frische Luft mitzubekommen.
Ich erhalte meine Pide und mein Bier, ich esse und trinke, und immer wieder gehen Leute vorbei, die mich anschaue oder denen ich nachblicke. Es ist ein gemütlicher Freitag abend in der Innenstadt.
Auf einmal steuert eine junge Frau auf mich zu, vielleicht Mitte zwanzig; ein blonder Pferdeschwanz wippt von ihrem Kopf auf die Schulter. Sie strahlt mich mit einem Blendamed-Lächeln an. »Entschuldigen Sie, haben wir uns heute schon mal gesehen?«
Ich verschlucke mich fast an meinem Bier und gucke irritiert. Ihr weißes T-Shirt trägt ein kleines grünes Logo auf der Brust. Um die Schrift darin entziffern zu können, müßte ich sehr genau hingucken – das wäre dann doch ein wenig auffällig.
Bevor ich etwas sagen kann, tanzt auf einmal eine ganze Meute junger Frauen vor meinem Fenster auf. Ein Dutzend blonder Pferdeschwänze über gleich aussehenden T-Shirts, dazu breit grinsende Fratzen, die Zähne gebleckt. »Blair Witch Project« in der Fußgängerzone.
»Äh, nein«, stottere ich. Die Blondine strahlt weiter und fragt, ob ich noch einen Nachtisch wolle; sie hält mir einen Korb hin, in dem irgendwelcher Kram liegt. »Äh, nein«, stottere ich erneut.
Sie strahlt und bedankt sich, dann verschwindet der ganze Mob, lachend, gackernd und kichernd. Ich sehe die Aufschrift auf dem Rücken der jungen Frauen; es ist ein »Junggesellinnen-Abschied«.
Wahrscheinlich war das jetzt die Braut, denke ich und kippe mein Bier endgültig. Es gibt schon blöde Sitten in Deutschland.
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