Es ist seltsam, was sich aus dem alten Punkrock alles entwickelt hat. Eine der neueren Abarten ist der neue harte deutsche Rock, von mir jetzt mal als »Deutsch-Hardrock« bezeichnet, der noch leichte Punk-Wurzeln aufweist, der irgendwie im Oi! und Streetpunk verwurzelt ist und der schwer nach der Musik der Böhsen Onkelz riecht. Hier und jetzt ein kurzer Blick auf zwei entsprechende Bands.
Sowohl Kaerbholz aus Sachsen als auch Frei.Wild aus Südtirol werden von dem Label Asphalt Records herausgebracht. Beide Bands machen grobschlächtige, sehr männliche Musik, die von einem gröhlenden Gesang und ruppigem Hardrock sowie einem Schuß Punk beherrscht wird. Das muß nichts schlechtes sein; ich erinnere mich gern an die erste Troopers-Platte, die mir immer noch gut im Ohr ist.
Bei Kaerbholz fallen mir vor allem die Texte auf, die zwischen kraftmeierisch und jammernd frei wechseln: »Ich ertrink in meinem Wahnsinn / ich ersauf in schalem Bier / Scheiß drauf, es wird schon werden / im Suff ist alles halb so schwer.«
Musikalisch rumpelt man sich durch den meist sehr schlichten Hardrock, der gelegentlich an Tempo zulegt, um dann ein bißchen nach Oi! zu klingen, der aber auch vor der grausigen Rockballade nicht zurückschreckt. Die häufig sehr langen Stücke gehen mir meist auf die Nerven; das ist Musik für harte Männer oder diejenigen, die gern welche wären, für frustrierte Jungs, die darüber jammern, daß sie keine Frau abkriegen und deshalb lieber saufen.
Nein, kein Rechtsrock. Politisch kann man bei Kaerbholz nicht maulen. Aber einen Intelligenzpreis wird die Band sicher nicht gewinnen ...
Auch Frei.Wild sind nicht rechts, mögen aber ihre Heimat doch sehr. Zwischen ruppigen Liedern, die immerhin einen stärkeren Oi!-Anteil in den Hardrock mixen, gibt es glatt ein Stück, das an die Heimat Südtirol erinnert und die hohen Berge besingt. Heimatlieder vor Punkrock-Hintergrund – davon habe ich 1981 auch schon geträumt ...
Pathetisch sind die Südtiroler auch; da wird an Gefühle apelliert, da hält man zusammen und ist eine dufte Clique. Musikalisch sind die Burschen aber durchaus versiert, da gibt es durchaus mal ein schönes Gitarrenspiel zwischendurch. Das Intro sollte allerdings jeder Mensch überspringen, der noch an einem 80er-Jahre-Rockmusik-Träume leidet (wie ich) ...
Generell frage ich mich bei CD-Titeln wie »gegen alles gegen nichts« aber auch, ob der Deutsch-Hardrock mittlerweile in bester FDP-Tradition steht: schön liberal und sich überall raushalten, aber gleichzeitig unartikulierte Abneigung in holperigen Reimen in die Welt grölen: »Schlägereien, gebrochene Knochen, hab die Szenen stets genossen, ne Kippe in der Hand, vom Kater überrannt.«
Seltsam ...
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