Das Fanzine Trust existiert seit anfang 1986. Es dürfte somit das älteste deutschsprachige Fanzine für Punkrock, Hardcore etc. sein.
Die aktuelle Nummer – es ist die 116 – erschien vor wenigen Tagen; sie hat das Thema »Sex und Musik«. Und ich bin extrem stolz darauf, ein Mitarbeiter dieser Ausgabe zu sein. Das habe ich seit über fünfzehn Jahren nicht mehr geschafft.
Mein Text trägt den netten Titel »Kurze Geschichte von Geschlechtsverkehr und lauter Musik« und wurde im September 2005 geschrieben, kurz vor der Bundestagswahl. Entsprechend ist auch die inhaltliche Ausrichtung.
Da sicher nicht jeder Leser dieses Blogs das Trust abonniert hat (wobei das Heft immer noch interessante Themen bietet!), bringe ich im Kommentar den Text zur Veröffentlichung. Dann kann ihn auch jede/r nachlesen.
Kurze Geschichte von Geschlechtsverkehr und lauter Musik
AntwortenLöschenHeute nacht hatte ich Sex mit Angela Merkel. Quietschend, laut und heftig. Es war gar nicht mal so schlecht, wie man meinen könnte, und ich will das Thema jetzt weder beschönigen noch bis ins Detail auswalzen. Geschlechtsverkehr ist eine private Angelegenheit, die ich nicht jeder und jedem zu Gehör bringen möchte. Angela trug an diesem Abend ihr apricot-farbenes Kostüm, mit dem sie im Wahlkampf nicht nur einmal für Aufsehen gesorgt hatte, und sie fiel mir auf dieser Party, zu der mich wohlmeinende Bekannte eingeladen hatten, nicht einmal besonders auf.
Berühmte Personen waren schließlich genug anwesend. Ich erkannte Arnold Schwarzenegger, dessen polterndes Lachen immer dann besonders laut durch den Raum brüllte, wenn er auf seinem Bizeps Sektgläser zu dünnen Blondinen mit tief ausgeschnittenen Kleidern balancierte. Ich sah Günter Grass, der mit einer rothaarigen Frau, die auffallend geschminkt war, eng tanzte, im raschen Kreis über eine Tanzfläche aus spiegelndem Parkett, die unvermeidbare Pfeife im Mund; immerhin konnte der Dichterfürst dabei nicht reden. Unter dem Gelächter der Umstehenden hätte man auch nicht gehört, wenn er den »Butt« komplett rezitiert hätte. Und ich nahm Edmund Stoiber wahr, der in einer Ecke saß, eine handschriftliche Tabelle vor sich, in die er immer wieder, nachdem er einem raschen Blick durch den Raum geworfen hatte, neue Einträge kritzelte.
Die Musik kam nicht vom Band, was für die Qualität der Veranstaltung sprach. Auch kein DJ terrorisierte das anwesende Volk mit seinen Vorstellungen von moderner Tanzbewegung. Stattdessen wurde die musikalische Untermalung von einem Mann in weißem Anzug gesungen, der auf einem schlecht gestimmten Klavier herumhämmerte: Dieter Bohlen schmetterte die größten Hits von Modern Talking in den Raum; als ich kam, sang er gerade »You're My Heart You're My Soul«. Es klang herzzerreißend, ich glaubte tausend Geigen schwingen zu hören, und ich spürte geradezu die feuchten Augen einiger junger Bundestagsabgeordneten, die zu den Beinen des Barden lagerten und ihn voller Heilsverlangen ansahen.
An der Theke hörte ich die Musik zwar ebenfalls. Hier war das Brausen der Gespräche aber so laut, daß sie in den Hintergrund trat und ich den Diskussionen der Anwesenden lauschen konnte. Sie sprachen über Politik und Kultur, über Fußball und Ernährung, über all die Dinge, die Menschen in bundesrepublikanischen Bürgereinrichtungen zu interessieren haben. Ich stand neben ihnen, fühlte mich ausgeschlossen, gähnte vor mich hin und trank ein Bier nach dem anderen.
Bis diese Frau in ihrem apricot-farbenen Kostüm neben mir stand und mir mit feinem Säuseln fragte, ob ich mich denn langweile. Ich bejahte, sie schenkte mir einen tiefen Blick, und wir verschwanden gemeinsam.
Es wurde ein angenehmer Abend, nur als sie mir beim Geschlechtsverkehr ein aufforderndes »Nun mach schon, mein Hengst!« zurief, wurde ich langsam mißtrauisch. Immerhin wieherte ich nicht zur Antwort, aber mich verwirrte vor allem, daß sie so eindeutig sächselte. Für eine Politiker, die in Hamburg geboren und in der Uckermark aufgewachsen war, klang das zu falsch und zu aufgesetzt.
Erst als Helmut Markwort vom FOCUS und Kai Dieckmann von der BILD-Zeitung gemeinsam auftauchten, sich neben uns stellten und unter lautem Kichern ihre Fotos mit kleinen, silbern blitzenden Digitalkameras schossen, erkannte ich, daß ich in eine Falle gelaufen war. Irgend etwas stimmte hier nicht, irgend etwas war falsch – der Klassenfeind hatte mich überrumpelt und wollte mir ans nackte Fleisch. Im Blitzen der Digi-Cams wurde mir mein bleicher Bauch und all die anderen Schönheitsfehler in einem Maße bewußt, der mir überhaupt nicht gefiel.
Erschüttert wachte ich aus diesem Alptraum auf. Kalter Schweiß zog einen feuchten Film über meine Stirn, meine Achselhöhlen fühlten sich verklebt und schmierig an. Ich atmete kräftig durch, richtete mich im breiten Ehebett auf und machte das Licht an.
Doris lag neben mir. Als sie aufwachte, zeigte sie viel Zahnfleisch. »Du hast schlecht geschlafen, Gerhard«, sagte sie liebevoll.
Ich nickte nur. Der Alptraum schlug mir auf den Magen.
»Dann schlaf jetzt schön weiter«, flüsterte sie. »Morgen wird alles gut.« Sie lächelte verführerisch. »Und dann färbe ich dir auch wieder die Haare, mein Tiger.«
Herrlich :-) Vor allem der letzte Satz *ggg*
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