Freitag nacht. Mein letztes Wochenende in diesem Urlaub. Mein letzter Freitag in
San Francisco.
Auf der Strasse brodelt das Leben. Ich kann es hoeren, wenn ich in meinem Zimmer stehe und meinen Kram sortiere. Und als ich zum Fenster rausschaue, sehe ich fuenf Polizeifahrzeuge, die vor meinem Fenster stehen. Direkt an den Treppen, die die Kearney Street vom Broadway aus in Richtung Telegraph Hill verlaengern. Einige Polizisten in ihren schwarzen Uniformen stehen bereit, die Knueppel bereits in der Hand.
Ich gehe zum Golden Boy um die Ecke. Die Schlange am Eingang ist lang, ich quetsche mich vorbei, weil ich drin sitzen will. Der Laden ist ein Schlauch aus Aluminiumwaenden, laengs geteilt durch die Theke. Auf der einen Seite sind Bar und Kueche, auf der anderen Seite sitzt das Publikum, die eine Haelfte mit dem Gesicht, die andere mit dem Ruecken zur Theke. Ich esse ein Stueck vegetarische Pizza, wie immer koestlich, und trinke dazu ein kuehles Lagunitos vom Fass, schaue mir dabei das Publikum an. Eine bizarre Mischung aus schick (junge Maenner mit Krawatten, Maedels mit Abendkleidern) und assi (neben mir eine Frau mit zentimeterlangen Fingernaegeln und ein Typ, der seine Kapuze nicht mal beim Essen abnimmt; wenn sie knutschen, muss ich angeekelt weggucken).
Zurueck ueber die Stockton. Am Florence Hotel, an dem schon gar keine Farbe mehr abblaettern kann, klettert irgendein Idiot auf der Feuerleiter herum. Von unten schreit mit kreischender Stimme eine Frau zu ihm hoch.
Weiter zurueck ueber den Broadway. Vor Al's und dem Hungry Club stehen die Aufreisser. Die bulligen Typen muessen heute keine Maenner animieren, sondern eher irgendwelche Assis abwehren.
Auf der Strasse haelt ein Auto an der roten Ampel, Rockmusik bollert durch die heruntergelassenen Scheiben. Aus den Fenstern haengen vor Begeisterung schreiende Maedchen. Auf der Gegenfahrbahn rollt eine weisse Stretch-Limousine vorbei. Ein aufgeregt wirkender Fotograf rennt an der Strasse entlang.
Sicherheitshalber hole ich meinen Ausweis vom Zimmer. Auf der Strasse ist noch mehr los als zuvor. Pulks von jungen Leuten draengen sich aneinander vorbei.
Auf die andere Strassenseite, dort ins Fuse. Der dicke Tuersteher grinst mich an und winkt mich durch. Der Club, so gross wie in meiner Wohnung das Wohn- und das Esszimmer zusammen, ist angenehm gefuellt. In der einen Haelfte tanzen die Maedchen, in der anderen sitzen Maenner und Frauen an der Theke. Ich kippe ein Bier und schaue dem Verkehr zu: Auffallend huebsche Frauen kommen fuer einen Drink herein und gehen wieder.
Im Spec's, oder auch Adler Museum Cafe, ist jetzt richtig was los. Hinter der Theke steht nicht der uebliche Graubart, sondern eine zugetackerte Blondine mit Blechgesicht und stramm sitzendem Oberteil. Drumherum das uebliche Volk aus angehenden Dichtern und praktizierenden Saeufern.
Zwei Gimlets spaeter stolpere ich aus der Hitze hinaus in die kuehle Nacht. Zwei Maenner, einer mit einer Fiedel, der andere mit einere Art Balalaika, spielen im kleinen Hof der Cafe-Bar froehliche Musik, einige Leute tanzen dazu.
Ich purzele noch ins Cafe Vesuvio, fuehle mich aber schon schwerstens angetrunken. Hier ist alles nach irgendwelchen Beat-Poeten ausgerichtet, Jack-Kerouac-Poster inklusive. Im Fernseher laeuft ein italienischer Film aus den fuenfziger Jahren, schwarzweiss und mit englischen Untertiteln, eine Blondine mit riesiger Oberweite und im Abendkleid stolpert durch einen Brunnen in Rom, ein Typ in Anzug und mit Krawatte folgt ihr.
Ein Anchor Steam spaeter reicht es mir. Ich vertrage einfach nichts mehr, und das Alter sowie die schlaflose Nacht davor fordern ihren Tribut.
Als ich ins Green Tortoise zurueck gehe, bollert von unten immer noch der House Sound des Lounge Clubs hoch.
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